haben: jetzt werde ich sehen, ob Sie noch der alte sind oder ob Sie sich

wireklich in Ihrer Denkungsart geandert haben. Vielleicht befiirchten Sie,

wenn Se sich nach 5 Jahren endlich ejnmal mif einem alten Freunde

wieder einlassen, dass ich suchen wiirde im Ecnst Sie von Ihrem Favorit-

system abzubringen.

Um Sie zu iiberzeugen, dass Sie von dieser Seite nichts zu fiirchten

haben, muss ich Ihnen saoen, dass ich es recht gern sehe, wenn davon

unter uns so wenig die Rede ist, als zwischen mir und Velox. Seib dem

Tode meines unvergesslichen Freundes У. Riits in Berlin bin ich mit Velox

so депаи verbunden, als wenn wir von einer Nation, ја als wenn wir leib-

liche Br•tider wiren: wir waren die ganzen Таде allein und immer beysammen,

dennoch habe ich nie mit Ihm iiber gewisse Menschen gestritten. Wenn

ich in meinen Briefen ап Sie, auch sogar in dem Anfang des heutigen einige

Anziiglichkeiten habc тетКеп lassen, so kommt das von Ihrem sonderbaren

Betragen, das himmelschreyend ist. Sie thun in Ihren Briefen, aIs hatten

Sie nicht eine Minute Zeit mit mir sich zu unterhalten, beantworten mir

keinen einzigen Brief, wie es sich fiir einen Freund schickt, und ver-

schwenden dabey immer Ihre Betheuerungen von Liebe. Sie Кеппеп mein

Delicatesse, ја ich muss es пит gerade heraus sagen — mein empfmdliehes

Herz. Wiire es zu viel Miihe fiir Sie, wenn Sie mir alle Monate einmal

schrieben, besonders da Sie directe durch ein dortiges kaufmanns - Haus,

wenn Sie пит wollen, ап mich schreiben К(јппеп!

Sie К0ппеп ја die unbedeutendsten Sachen alsdann durch Velox als

Ein1age ап mich schreiben und die wichtigeren durch den kaufmann. Es

sind ја so viele andere Materien, die, wie Sie leicht denken Коппеп, mir an's

Herz liegen, ohne dass тап gerade von Personen zu sprechen braucht, die

Sie mcht Кеппеп und die ich ganz депаи Кеппе. Zum Erwihnen: ich bin

zum Vormund von meines lieben seeligen Bl•uders S[chwarz] kindern gemacht.

Noch haben Sie nie mit einer Sylbe in so vielen Jahren dieser meiner

Miindel erwiihnt. Wie werden sie erzogen? wie gerathen sie? Was fiir

ein Gemiith zeigt sich in diesen Spr•0sslingen eines mrossen Vaters! Bekommt

S[chwarz] seine Mutter in Bresslaw noch richtig ihr Geld? Ist die Wittwe

wieder verheyratet? Lebt Неуп noch? Von seinem Protector lese ich viel

in den Ze1tungen. Sind Ihre eigene Briider noch gesund? Hat Philus noch

immer solche krankheiten, wie vor 5 Jahren? Es miissen sich in dieser

langen Zeit notllwendig grosse Veranderungen unter unseren Freunden

zugetragen haben, ich habe aber nichts моп Ihnen erfahren. Senkbeil ist

gleichsam verschwunden, er hat Ihren Versprechungen nicht getraut und

ich fiirchte, er hat sich in eine schreckliche Lage gestarzt, wahrscheinlich

ist er nach America oder nach 0stindien деташтеп; ich will Ihren Worten

aber trauen und ich wer•de sehen, wie ich dabei fahre. Seit meinem letzten

Brief ап Sie, erfahre ich von Velox, dass sogar Soc, mein grijsster Feind

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