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und Staatskunde, der Geschichte und der Archiologie hjchst wohlthi-

tig einwirken. Die slavischen V61ker 0sterreichs haben auch ihre

Gewhichte: ihr Leben und Wirken ging nicht spurlos, weder auf dem

eigenen Boden noch ап dem Leben und Wirken der ibrigen V6lker der

Monarchie voriber, vielmehr grif dasselbe tief und mannigfaltig in die

Gestaltung des einen und des andern ein. Wenn wirklich durch ein

unbegreilicbes Wunder, welches in dfesem Falle wohl Niemand erwar-

ten wird, die gesammte slavische Sprache und Sitte urp16tzlich und mit

einemmale von dem Boden der 0sterreichischen Monarchie verschwinden

m6chte, warden docb die materiellen und geistigen Spuren des Daseins

und Wirkens dieser V61ker noch nach Jahrtausenden alliiberall sichtbar

Hin. Das Begreifen der Gegenwart aus der Vergangenbeit, die griindli-

che Einsicht in die Gescbichte, Sitte und die Reohtsgebriuche der iibrig•

gebliebenen V6lker der Monarchie, der Deutschen, Magyaren, Italiener

und Wallaohen, wiirde auch dann ohne Hiilfe griindlicher slavischer

Sprach-und Geschichtsstudien durcbaus uom6glich sein. Die Naehthei-

le der bisber iber alle Gebiihr verabsiumten slavischen Sprachstudien

treten besonders in der historisehen und archaeologischen Litteratur des

n6rdlioben Deutschlands, wo die slavische Sprache bereits seit einem hal-

ben Jabrtausend erloschen ist, scharf hervor. Ein kenner des Slaven-

thums sieht es auf den Blick, dasz тап, trotz des Ringens der ungeheuer-

sten geistigen krifte, und trotz des Zusammenschreibens von ganzen Bi-

bIiotbeken hi8torischer und antiquarischer Biicher docb nirgends zu festen,

warhaft befriedigenden Resultaten gelangen Капп, weil der Schlissel zum

Verstindni8ze der Vergangenheit und ihrer Denkmiler, die kenntnisz

der slavischen Sprache und Sitte fehlt. Wenn dies in Lindern, in denen

das Slaventbum bereit8 seit Jahrhunderten vom Schauplatze der Ge-

schichte gewichen, ohne andere Denkmiler des Daseins, als Grabmiler

und Grabsteine, einzelne W6rter und Phrasen in lateinischen Urknnden

und Chroniken, runde Physiognomien bei niederem Volke und schwache

0berreste in Sitten nnd Gebriuchen zuriickzulassen, wirklich der Fall

ist: ит wie viel wichtiger musz die kenntnisz der slaviscben Sprachen

fiir den Fortgang der h6hern historischen und andern Wissensch8ften in

0sterreich erscheinen, wo die Slaven bis auf den heutigen Тад die ausge-

dehntesten Linder und Provinzen der Monarchie bewohnen, eine eigene

Litteratur haben, und auf den Bildungsgang der iibrigen Nationen, auf

die Gesbltnng der Sitte, дев Reehts und der Verfassung der Provinzen

und des Gesammt8taates einen weit gr6szern und anbaltendern Einfusz

austiben, a18 dort. Slavische LebeD8-nnd Bildangselemente tillen die

Geschichte der k6nigreiche B6hmens, Galiziens und Lodomeriens,

Illyriens, Slavoniens, kroatiens und Dalmatiens ans; Ungarns Ge-

schichte und Verfassang ist von ihnen durchdrungen, und ohne kenntnisz